Sidney Corbett

*  26. April 1960

von Maria Hörl

Essay

Seit 1988 entstanden mehr als ein Dutzend Piano Valentines – Klavierstücke, die meist nur wenige Minuten dauern. Der Komponist adressierte sie als »Postkarten ins Jenseits« an verstorbene Personen, die ihm wichtig sind. Dazu zählen seine Lehrer Jacob Druckman und György Ligeti, aber auch Tōru Takemitsu, die Tänzerin Martha Graham, die bildende Künstlerin Georgia O'Keefe, der Schauspieler Charlie Chaplin und der Filmregisseur Andrej Tarkovskij, die Philosophen Vilém Flusser und Abraham Heschel, der Schriftsteller Heiner Müller, der Pianist James Avery oder die Bürgerrechtlerin Rosa Parks. In diesen eher ruhigen Stücken tritt oft eine einzelne Stimme isoliert heraus, nur spärlich von anderen Klängen oder Akkorden begleitet. Rhythmisch stellen sie für die Interpreten eine Herausforderung dar, erfreuen sich aber großer Beliebtheit aufgrund ihrer gesanglichen Melodik.

Die 1. Symphonie Tympan (1991/92; Auftrag des RSO Stuttgart) besteht aus vier Sätzen, die ineinandergreifen. Der I. Satz zeigt eine kantable melodische Linie, die, anfangs unisono gespielt, das ganze Stück durchzieht. Diese Linie wird auch kontrapunktisch geführt und erklingt in verschiedenen instrumentalen Umgebungen. Im III. Satz wird diese Linie mit einer Paukenstimme unterlegt, die Teil eines zurückgezogenen Paukenkonzerts war. Im IV. Satz erklingt die Melodie immer leiser. »Schließlich hängt sie ...